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Arbeitsrecht Arbeitsvertragsrecht 
Donnerstag, 07.04.2016

Kirchliches Arbeitsverhältnis - Buchholtz kommentiert das Urteil des BAG vom 20.10.2015 zur Berücksichtigung der EMRK

Nach dem Urteil des BAG vom 20.10.2015 - 9 AZR 743/14 - haben die nationalen Gerichte die Verpflichtung, die Gewährleistungen der EMRK zu berücksichtigen und in die nationale Rechtsordnung mittels einer konventionsfreundlichen Auslegung einzupassen. Wenn sich aus dem nationalen Recht auch nach konventionsfreundlicher Auslegung unter Anwendung der anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung und Verfassungsinterpretation kein Anspruch herleiten lässt, dürfen die Gerichte keine Anspruchsgrundlage annehmen. Schließlich hat das Gericht entschieden, dass die nationale Zivilrechts- und Zivilrechtsdogmatik der richterrechtlichen Anerkennung eines Wiedereinstellungsanspruchs trotz einer vom EGMR festgestellten Konventionsverletzung durch ein rechtskräftiges klageabweisendes Urteil im Kündigungsschutzverfahren entgegensteht.

Buchholtz kritisiert die Entscheidung in ihrer Anmerkung. Sie zeigt auf, dass das BAG ausführt, dass ein EGMR-Urteil nur dann berücksichtigungsfähig sein soll, wenn eine erneute Entscheidung der Sache in "anderem Gewand" ansteht, nicht aber, wenn materiell-rechtlich ein neues Gewand erst zu schneidern ist. Die Autorin macht deutlich, dass deutsches Recht nicht immer mit den konventionsrechtlichen Vorgaben vereinbar ist. Um diesen Konflikt zu meistern, hat das BVerfG Rezeptionsgrenzen entwickelt, u.a. die "mehrpoligen Grundsrechtsverhältnisse", in denen ein "Mehr" an Freiheit für einen Grundrechtsträger zugleich ein "Weniger" für den anderen bedeutet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22.10.2014 - 2 BvR 661/12). Buchholtz ist der Ansicht, dass die Wertungen der EMRK auch im Arbeitsrecht im Grundsatz zu berücksichtigen sind. Aus ihrer Sicht ist nicht einzusehen, wieso sich das Arbeitsverhältnis Impulsen der EMRK verschließen soll.

Dieser Beitrag wurde erstellt von RA Dr. Henning Seel.

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